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Libanons verlorene Söhne kehren zurück



Als 1976 der Film "Die Rückkehr des verlorenen Sohnes" des ägyptischen Filmemachers Youssef Chahine in die Kinos kam, machte der libanesische Fussball eine schwere Zeit durch. Der blutige Bürgerkrieg im Land brachte jede fussballerische Entwicklung zum Stillstand.

Glücklicherweise haben sich die Zeiten seitdem geändert. Gut 20 Jahre nach dem Ende des Konflikts ist den Libanesen nun der Vorstoß in die vierte und letzte Runde der Asien-Qualifikation für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Brasilien 2014™ gelungen. Allerdings treffen sie in der schweren Gruppe A auf die Republik Korea, Iran, Usbekistan und Katar. Es wird also nicht leicht für die Schützlinge des deutschen Trainers Theo Bücker, der sich entschloss, die erfahrenen Spieler Mohamed Ghaddar und Zakaria Charara zurück ins Team zu holen.

Schwere Aufgaben
Ghaddar gehörte dem Team zu Beginn der dritten Qualifikationsrunde an, in der die Libanesen auch schon gegen Südkorea und außerdem gegen Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate antraten. Der 28-jährige Stürmer spielte beim Auftaktsieg der Libanesen gegen die VAE im vergangenen September in Beirut eine Schlüsselrolle. Er erzielte den ersten Treffer für sein Team, das sich letztlich mit 3:1 durchsetzte. Mit diesem Sieg legte das Team den Grundstein für das Erreichen des zweiten Platzes in der Gruppe. In den folgenden Spielen musste er allerdings seinen Platz in der Stammformation für Mahmoud El Ali räumen. Und noch vor dem letzten Gruppenspiel auswärts in den VAE im Februar war Ghaddar ganz aus dem Kader gefallen.

Doch dann zog sich El Ali eine ernste Verletzung zu, während Ghaddar bei seinem malaysischen Klub Kelantan glänzte und sieben der zehn Tore des Teams in der Gruppenphase des AFC Asien-Pokals 2012 erzielte. Diese Leistungen blieben natürlich auch Bücker nicht verborgen, der sich daraufhin entschloss, Ghaddar nun wieder zurückzuholen. Der Spieler zeigte sich darüber im Gespräch mit FIFA.com sehr erleichtert: "Natürlich will jeder für sein Land spielen, und ich hoffe, dass ich jetzt noch bessere Leistungen zeigen kann, als zuvor."

Auf die Frage, ob er die durch El Alis Fehlen entstehende Lücke füllen könne, antwortete er: "Natürlich wird uns Mahmoud sehr fehlen. Man muss sich ja nur einmal seine bisherigen Leistungen ansehen. Ich hoffe, dass ich wir ihn ersetzen können, egal ob durch mich oder einen anderen Spieler. Es kommt darauf an, die Aufgabe im Team und für das Team zu erledigen."

Ghaddar bestritt sein erstes Länderspiel bereits 2005. Seitdem wurde er in zahlreichen Länderspielen eingesetzt. Er ist überzeugt, dass die aktuelle libanesische Spielergeneration das Zeug dazu hat, etwas ganz Besonderes zu schaffen. "Wir bilden einen verschworenen Haufen und wollen dieses Abenteuer gemeinsam weiter bestehen", sagte er. "Wir haben schon jetzt eine ganze Menge erreicht, und ich habe das Gefühl, dass wir den ganzen Weg schaffen können, umso mehr, weil wir die letzte Etappe dieses Weges nun zu Hause vor unseren eigenen Fans beginnen. Daraus müssen wir den größtmöglichen Vorteil ziehen. Wir werden uns stets auf das nächste Spiel konzentrieren. Das Auftaktspiel gegen Katar steht jetzt kurz bevor, und wir haben durchaus das Zeug dazu, es zu gewinnen. Bisher ist alles hervorragend gelaufen. Wir müssen die drei Punkte einfahren und damit die Weichen für die dann folgenden Aufgaben stellen."

Rückkehr aus der Wildnis
Ghaddars Teamkamerad Charara wurde noch länger nicht berücksichtigt. Er spielte letztmals in der zweiten Runde der Qualifikation für Brasilien 2014 für Libanon, damals noch unter Bückers Vorgänger Emile Rustom. Seitdem zeigte der 26-jährige Angreifer von den Tigers Kuala Lumpur in der malaysischen Liga durchweg starke Leistungen, die ihm nun eine erneute Berufung in den libanesischen Kader für das Auftaktspiel gegen Katar am kommenden Sonntag einbrachten.

Er sagte zu seiner Zwangspause in der Nationalmannschaft: "Das war schon hart für mich, denn jeder Spieler will seinem Land zum Erfolg verhelfen. Natürlich habe ich die Spiele ganz genau verfolgt und freue mich sehr, dass wir uns [für die vierte Runde] qualifiziert haben. Es ist mir sehr wichtig, dass ich in die Mannschaft zurückkehre, die jetzt unter den zehn besten Teams Asiens steht", fügte er hinzu. "Da ich als Profi im Ausland spiele, stehe ich unter besonders intensiver Beobachtung. Ich sehe dies als Chance, einen guten Eindruck zu hinterlassen."

Genau wie Ghaddar begann auch Charara seine Karriere beim Beiruter Klub Al Nijmeh. Auch er ist überzeugt, dass sich Libanon gerade eine historische Chance bietet und dass im Fussball nichts unmöglich ist: "Wir sind nicht die Favoriten, aber wir sind enorm motiviert und genau das hat uns geholfen, überhaupt so weit zu kommen. Wir können den ganzen Weg schaffen, doch wir dürfen unsere Gedanken nicht zu weit in die Zukunft schweifen lassen sondern müssen voll konzentriert bleiben. Wir haben schwere Aufgaben vor uns und müssen uns gegenüber der vorherigen Runde weiter steigern."

Auf der gleichen Wellenlänge
Ghaddar und Charara haben schon zahlreiche Meisterschafts- und Länderspiele gemeinsam bestritten und kennen sich daher sehr gut. Vor Auswärtsspielen der Nationalmannschaft teilen Sie so oft wie möglich das Zimmer. Das fast blinde Verständnis zwischen den beiden konnte man auch am vergangenen Sonntag beim Vorbereitungsspiel gegen Oman erkennen, als sie erstmals unter Bücker zusammen für ihr Land spielten. So war es Charara, der die Flanke hereinbrachte, die Ghaddar per Kopf vorbei an Omans Nationaltorhüter Ali Al Habsi in die Maschen beförderte.

"Zakaria ist weit mehr als ein Teamkamerad in der Nationalmannschaft. Er ist für mich wie ein kleiner Bruder", so Ghaddar. "Wir sind auch während unserer Zeit in Malaysia stets in engem Kontakt geblieben. Ich hoffe, dass die ganze Mannschaft jetzt von unserem guten Verständnis profitieren kann." Charara seinerseits fühlt sich Ghaddar ähnlich eng verbunden: "Wir sind mehr als nur Kameraden in der Nationalmannschaft. Er ist einer der besten Spieler, die ich kenne und die Chemie zwischen uns stimmt einfach. Ich hoffe, dass wir gemeinsam mit dem Rest des Teams etwas wirklich Großes erreichen können."

Auf dem Weg nach Brasilien hat das Team Libanons noch zahlreiche Hürden zu überwinden. Doch unter Trainer Bücker und den zurückgekehrten Schlüsselspielern Ghadar und Charara könnte die Mannschaft trotz ihrer Außenseiterrolle am Ende des Rennens um die Qualifikation vielleicht doch noch ein Wörtchen mitzureden haben.

Quelle: Fifa.com

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